Mitte 18. Jahrhunderts gab es ein deutlicher Wendepunkt in der
Gattung der Dramatik, nämlich die Entstehung des bürgerlichen Trauerspiels. Neben
der nun familiären Atmosphäre oder der entfallenen Ständeklausel ist ein
wesentliches Merkmal eines bürgerlichen Trauerspiels, dass der Held ein gewöhnlicher
Bürger und nicht wie in einem höfischen Theater ein Adeliger ist. Beim
Untersuch des dramatischen Werkes „Nathan der Weise“ stellt sich die Frage, ob
der Protagonist Nathan nun eher die Merkmale eines Adeligen oder Bürgerlichen
aufzeigt.
Vorweg gesagt, Nathan verurteilt niemanden, weder den
christlichen Kreuzritter, noch den islamischen Sultan, aufgrund seiner Herkunft
oder Religion und wirkt somit in sämtlichen Szenen als offene und tolerante
Person. Er hat nicht die Haltung eines Adeligen, sondern vielmehr eine
humanitäre des typisch bürgerlichen.
Zwar hat Nathan der Weise viel Geld und begibt sich in der
wohlhabendere Schicht, aber er hat keinesfalls die Herrschergewalt eines
Klerus. Er kann nicht über Personen oder grössere Gebiete herrschen und
entscheiden.
Ein weiterer Hinweis ist die Intelligenz, der Person
Nathans. Die schon im Buchtitel angedeutete Wertung „Weise“, wird auch im
Drama, beispielsweise durch die Ringparabel, bewahrheitet. Er zeigt ein
aufklärerisches Wissen und handelt somit auch sehr aufklärerisch.
Die Schlussforderung ist, dass Nathan einem typischen Held
eines bürgerlichen Trauerspiels entspricht. Die oben aufgeführten Argumente wie
beispielsweise die offene und humanitäre Haltung Nathans, sowie seine Intelligenz
entsprechen ganz den Kriterien.